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Robert ter Horst

Schnittstelle Leben
(2015)

Assistenz: Anna Thoma, Patrick Jaworek

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Als ich mit dem Thema Babyklappen oder sogenannten Babyfenstern in Berührung kam, habe ich mich gefragt, wie diese Orte aussehen und welche Atmosphäre von ihnen ausgeht. Deshalb habe ich mich für meine Fotostrecke „Schnittstelle Leben“ auf die Suche nach diesen Einrichtungen in Deutschland gemacht. Da sie meist nachts aufgesucht werden, fand ich es schlüssig, ebenfalls nachts zu fotografieren. Mein Anliegen war es, den Eindruck, den sie auf ihre Besucherinnen machen, möglichst authentisch wiederzugeben. Dabei erschien es mir besonders wichtig, die mögliche emotionale Wirkung des Lichts auf die Mutter festzuhalten. Um die, durch die Umgebungsbeleuchtung erzeugte Stimmung nicht zu verfälschen, habe ich auf weitere Beleuchtungen verzichtet und die Aufnahmen mithilfe einer Langzeitbelichtung umgesetzt.

Entstanden sind Bilder, die die letzten Schritte auf dem Weg zu den meist hell-leuchtenden Fenstern zeigen, im Schutz der Dunkelheit, in der Nacht und der Anonymität. Da eine vollständige Dunkelheit jedoch nicht vorhanden ist, habe ich die bauliche Umgebung mit einbezogen und die hellen Fenster so in Relation zur Umgebung gesetzt. Dem Betrachter der Fotos soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, sich in die Gefühlswelt der Mutter hineinzuversetzen, die sich nicht nur innerlich für diesen Weg entschieden hat, sondern ihn auch tatsächlich, räumlich gehen muss.
Mag das Thema der Fotografien auf den ersten, flüchtigen Blick nicht erkennbar sein, so besitzen die Bilder trotzdem eine erzählerische Kraft, die von dem Spiel der Kontraste, der hellen mit den dunklen Flächen ausgeht. Der Blick des Betrachters wird immer wieder auf die Fenster zurückgeführt; sobald die Fenster erfasst sind, das Bild als Ganzes wahrgenommen und aufgelöst wird, kann ein weiterer innerer Dialog entstehen. Der Betrachter wird mit seinem eigenen Empfinden gegenüber diesen Einrichtungen konfrontiert und somit bieten ihm die Fotos eine Möglichkeit, seine Einstellung zu reflektieren oder zu revidieren.

Die Institution Babyfenster wird in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert, erscheint auch ihr „Nutzen“ zahlenmäßig gering. Immer wieder wird die Abschaffung gefordert, denn als Alternative gäbe es die Möglichkeit der anonymen und sicheren Geburt im Krankenhaus. Dazu muss die unglückliche Mutter jedoch den Mut aufbringen, den direkten Kontakt mit fremden Personen zu wagen. Nach Aussage einer Leiterin eines stark frequentierten Babyfensters, wäre dieses acht Mal in zwölf Jahren besucht worden. Diese Zahl erscheint gering, sie bedeutet aber, dass acht kleinen Menschenkindern die Möglichkeit zum Überleben gegeben wurde.

Der Titel "Schnittstelle Leben" beschreibt dabei nicht nur den Punkt der Trennung im Leben von Mutter und Kind und das es für beide nun anders weitergehen muss. Er beschreibt das Fenster auch architektonisch als bauliches Element, durch das in diesem Fall Leben angereicht und aufgenommen wird, denn bei jedem Fenster kann man nüchtern von einer Schnittstelle zwischen innen und außen sprechen.

(Inkjetprint auf Träger, 40x50cm)




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